Mode der 1910er Jahre - Ein Kaiserreich brach zusammen
Der Prozess weg vom Korsett und allen anderen unbequemen und ungesunden modischen Zwängen des 19. Jahrhunderts begann um 1900 und war bereits zehn Jahre später weitestgehend abgeschlossen.
Dieses Umdenken und ein neuer Trend zur Fortschrittlichkeit beeinflussten auch die Mode der Jahre 1910 bis 1919. Durch die Industrialisierung, das Aufblühen der Wissenschaften und nicht zuletzt die Kolonialisierung wuchs der Wohlstand der Bevölkerung und gab so wichtigen künstlerischen Strömungen wie beispielsweise dem Jugendstil und dem Impressionismus die Möglichkeit, sich zu entfalten.
Vor allem der Jugendstil nahm auch Einfluss auf die Mode jener Epoche. Zeitgleich mit dem ersten zaghaften Aufkeimen der Frauenbewegung ließ man die strengen Kleidungsvorschriften des letzten Jahrhunderts hinter sich. In den USA wurde eine neue Art von Outfit für die moderne Frau entworfen, das aus einem knielangen Rock und einer Pluderhose bestand. Die Männer standen der neuen Weiblichkeit zunächst noch skeptisch bis spöttisch gegenüber.
Insgesamt waren die 1910er Jahre eine Zeit, in der Kleidung zunehmend nach modischen Gesichtspunkten bewertet wurde als vordem nach eher praktischen und funktionellen. Das galt sowohl für die Männer- als auch für die Damenwelt und ehemals funktionale Kleidungsstücke wie etwa die Hüte wurden so immer mehr zu reinen Accessoires.
Damenmode der 1910er Jahre
Der modische Stil für die Dame in den Jahren 1910 bis 1919 zeichnete sich durch eine Steigerung der Eleganz und eine schmale Linienführung aus. Der Jugendstil nahm vor allem Einfluss auf Verzierungen aller Art, die meist in Form von Stickereien aus den so typischen feinen und doch so einzigartigen Designs bestanden. Erstmalig kam in den Wintermonaten der "Muff" zum Wärmen der Hände auf, der fast 70 Jahre später in den 1980er Jahren sogar noch einmal ein Revival erlebte. Der ursprüngliche Muff bestand aus Pelz, später wurden andere politisch korrekte Materialien verwendet.
Herrenmode der 1910er Jahre
Die Männer der damaligen Zeit trugen vorrangig Anzug. Die vorherrschenden Farben waren eher unauffällig. Im Trend lagen Grau, Schwarz und Dunkelblau. Dazu kombinierte man Westen, Krawatten, Stehkrägen und Hüte. Die 1910er Jahre waren auch die Zeit der so genannten "Schwalbenschwänze". Dieser überaus schicke Frack gehörte in die Kategorie der Abendgarderobe und wurde mit einem passenden Frackhemd kombiniert. Auch Handschuhe, ein Spazierstock und nach wie vor der Zylinder waren gesellschaftsfähige Accessoires der damaligen Zeit.
Kindermode der 1910er Jahre
Der Trend zum Matrosenanzug, der bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufgekommen war, setzte sich in der Kindermode ab 1910 fort. Trugen ihn anfangs ausschließlich die Jungs, bekamen nun auch die Mädchen Matrosenblusen und passende Röcke verpasst, vorausgesetzt, die Eltern konnten es sich leisten. Der Matrosenlook wurde bei den Mädchen gerne mit einer Schleife im Haar komplettiert.
Die typischen Stickereien des Jugendstils, die ab 1910 auch Kleider schmückten, waren ebenso wie bei den Erwachsenen auch bei den Kleinen zu finden.
Hutmode der 1910er Jahre
Zu Beginn der 20. Jahrhunderts waren die Hüte noch recht groß. Das änderte sich um 1912. Eindeutig kleiner, dafür in ihrer Form weitaus auffälliger, gestalteten die Designer der Zeit Kopfbedeckungen aller Art. Damen trugen Dreispitz, winzige Hüte mit riesigen Schleifen, Schleiern oder Stoffblumen. Erstmalig in der Geschichte der Hüte war ein Hut keine rein praktische Kopfbedeckung mehr, sondern avancierte nach und nach zum modischen Accessoires, das sich hervorragend dazu eignete, einem gut durchdachten Outfit den letzten Schliff zu verleihen. (MB)