Mode der 20er Jahre - Die Mode wurde jugendlicher und flotter
Die Mode der Zwanziger, insbesondere die Damenmode, war zum großen Teil von den gesellschaftlichen Umbrüchen geprägt, die nach dem Ersten Weltkrieg Zäsuren darstellten. Vor allem der mit der Demokratisierung vieler Staaten einhergehende Abbau von Standesprivilegien und der beginnende Prozess der Gleichberechtigung der Frauen haben ihren Niederschlag in der Mode gefunden.
Hemd- und Stilkleid
Der sich bereits in der unmittelbaren Vorkriegszeit angekündigte und während der Kriegszeit fortgeführte Trend zu praktischer Frauenkleidung führte Anfang der 1920er Jahre zur weltweiten Popularisierung des Hemdkleides als Standardoberbekleidung der Frauen.
Das Anfang des 20. Jahrhunderts lediglich von Arbeiterinnen und Aktivistinnen der Reformbewegung getragene schlichte Oberkleid mit Spaghetti-Trägern wurde ab 1918 zur Grundlage der Damenmode. Die vom Korsett befreite Frau trug damit ein zumeist ärmelloses Kleid, bei dem zunächst völlig auf Taillenschnitt verzichtet wurde. Der revolutionärste Aspekt des Hemdkleides war aber die Kürze des Rocksaums. Waren um 1920 noch knöchellange Hemdkleid-Varianten nicht unüblich, so setzten sich schließlich Kleider durch, deren Rocksaum knapp das Knie bedeckte. Beliebt als Tagesgarderobe waren auch so genannte „Stilkleider“, die durch lange Leibchen mit angereihten Röcken charakterisiert waren. Im Laufe des Jahrzehnts bekamen die zunächst gerade geschnittenen Kleider durch Falteneinsätze angedeutet schwingendes Aussehen. Zudem wurden die Kleider ab 1925 durch dezente Betonung der Taille wieder femininer. Im Abendkleid-Bereich war dieser Trend ausgeprägter als bei den Tageskleidern. Zum Ende des Jahrzehnts waren lange, regelmäßig mit Volants, Perlenketten, Schärpen, Stolas oder Draperien aufgehübschte Abendkleider wieder üblich geworden.
In den 20ern schaffte der praktische Sweater (Jumper, Pullover) den Sprung aus dem Sportkleidungssegment in den Bereich weiblichen Tageskleidung. Besonders mutige Frauen trauten sich sogar, in der Öffentlichkeit Hosen zu tragen. Aber in der Regel wurde dieser Trend nur im Sport- und Strandbereich akzeptiert.
Als Damen-Überbekleidung waren vor allem röhrenförmige Mäntel mit pelzbesetzten Schalkragen und Manschetten angesagt. Auch Pelzmäntel trafen den Nerv der Zeit. Typisches Mode-Versatzstück des Jahrzehnts war die allgegenwärtige Fuchsstola.
Der Zeitgeist verlangte von den Frauen der 20er eine neue Beweglichkeit bei der Arbeit, beim Sport und bei den neuen Modetänzen wie Charleston oder Shimmy. Nicht nur das einengende Korsett, sondern auch die pumphosenartigen Unterhosen gehörten damit der Vergangenheit an. Die 20er waren das Geburtsjahrzehnt der luftigen Lingerie mit seidenen und kunstseidenen Hemdhöschen und Zweiteilern. Der Formung der Figur dienten leichte Miederwaren. Die gerne schimmernd-hautfarben getragenen Kunstseide-Strümpfe wurden von Strumpfhaltern in Form gehalten.
Trendfrisur Bubikopf
Die Frauenmode der 20er war durch eine gewisse Entfeminisierung bestimmt. Eine eher knabenhafte Silhouette, bei der ein eventueller Brustumfang mithilfe von Büstenhaltern eingeebnet wurde, galt als Ideal des „Garconne“- und „Flapper Girl“-Stils. Eine besondere Bedeutung kam dabei auch der Frisur zu. Galt vor dem Krieg eine üppige Haarpracht noch als anzustrebendes Attribut vollkommener Weiblichkeit, näherte sich ab 1920 der Modeschnitt dem Herren-Kurzschnitt. Der von Coco Chanel populär gemachte nackenfreie Bob („Bubikopf“) sowie dessen extrem kurze Varianten Garcon und Eton waren in den 20ern der letzte Schrei. Die meisten Frauen wagten dann doch nicht diesen radikalen Schritt zum Trend-Schnitt und begnügten sich mit halblangen Frisuren. Gerne wurden als Alternative zum streng-glatten Bubikopf Kurzhaarschnitte durch die beliebt werdenden Wasserwellen und Schmachtlocken a la Josephine Baker zu weicher wirkenden Kopfschmuck relativiert.
Schlichte Hut-Eleganz
Der Kult um die vor dem Ersten Weltkrieg nicht selten wagenradgroßen Damenhüte war in den 20er Jahren vorbei. Dem Kurzhaarschnitt entsprechend trugen die Frauen knapp sitzende Hüte in Topfform („Cloche“). In der Freizeit waren auch Baskenmützen und Baretts sehr beliebt.
Die Schuhmode
Trendig waren in den 20ern einen schlanken Damenfuß machende, im Aussehen Herrenschuhe ähnelnde Schnürhalbschuhe mit ausgeprägter Spitze, die nach dem Modetanz „Shimmyschuhe“ genannt wurden. Aber auch Trotteurs mit halbhohen Absätzen, flache Sportschuhe und hochhackige Abendschuhe waren damals hochmodern.
Herrenmode der 20er ohne große Brüche
Bei den Männern waren die Umbrüche in der Mode nach dem Ersten Weltkrieg wesentlich weniger ausgeprägt als bei den Frauen. Standardkleidungsstück der Herren war der Sakkoanzug geblieben. In den frühen 20er Jahren war die Taille zeitweise hoch angesetzt gewesen, rutschte ab bereits 1922 wieder ab. Zum relativ legeren Sakko wurde zumeist eine keilförmige Hose mit angekraustem Bund getragen. Auf die früher obligatorische Weste wurde häufig verzichtet. Ebenso auf Hosenträger, die zunehmend durch den „Sportgürtel“ ersetzt wurden.
Auch bei den Männern wurde der Pullover nicht nur im inoffiziellen Bereich beliebt. Ebenfalls nicht nur als Freizeitkleidung, sondern auch als alltagstauglich anerkannt, waren die oft mit der Norfolk-Sportjacke kombinierten Knickerbocker-Hosen sowie die dem Tennisport entlehnten Blazer.