Sonstiges

Vor 100 Jahren

Natürlich war die Welt genauso groß wie heute. Aber vor hundert Jahren erschien sie den Menschen wesentlich größer; Reisen war beschwerlicher, die Entfernungen sind zwar immer die gleichen, aber die Zeit, die man brauchte, um größere Strecken zu überwinden, war wesentlich länger.

Andererseits waren viele Dinge auch wieder wesentlich kleiner, kürzer: der Weg zur Arbeit zum Beispiel, denn die Werkstatt des Handwerkers lag oft nur über den Hof und die Lehrerin, übrigens fast der einzige Beruf, den Frauen damals ausübten, wohnte oft in der Schule. Eine große Bedeutung kam der Frage zu, wo die Menschen lebten, der Unterschied zwischen Stadt und Land war gewaltig. Wer auf dem Land lebte, konnte seinen Lebensrhythmus leicht beschreiben, dieser änderte sich nur durch die unterschiedlichen Anforderungen der Jahreszeiten, aber war eigentlich immer gleich, geprägt von den immer gleichen Aufgaben.

Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass es viele in die Städte zog und diese hatten ihre Einwohnerschaft in den letzten Jahren des 19. Jh. und den ersten des 20. Jh. vervielfacht. Die Industrialisierung brauchte eine große Zahl von Arbeitskräften und das in erster Linie in den Ballungsgebieten. Wurde auf dem Land der Rhythmus durch Tages- und Jahreszeit geprägt, war es in der Stadt die regelmäßige Fabriksirene, die unabhängig von der Jahreszeit den Tag bestimmte.

Und noch etwas war ganz entscheidend für die Menschen vor 100 Jahren: Das war ihr Platz in der starren Pyramide, die die Bevölkerungsstruktur darstellte. An der Spitze stand einsam der Kaiser, der noch nicht ahnte, dass er der Letzte sein wird. Und wie das Militär, das der Kaiser so schätze, seine Rangordnung hat, hatte auch in der ganzen Bevölkerung jeder seinen festen Platz. Natürlich hatte, wer in der Belle Etage im Vorderhaus wohnte, einen anderen Tagesrhythmus als der Fabrikarbeiter oder der Handwerker aus dem dritten Hinterhof. Für die waren es 60 Stunden in der Woche, an denen sie arbeiteten, verteilt auf 6 Tage.

Den Unterschied zwischen Stadt und Land vor 100 Jahren haben wir als groß gesehen bei der Frage, wodurch der Tagesablauf bestimmt wird; die Zeit, in der gearbeitet wird, ist allerdings für den Fabrikarbeiter, den Landarbeiter und den Handwerker sehr ähnlich.

Die Zeit vor 100 Jahren ist geprägt durch einen großen wirtschaftlichen Aufschwung, jährliche Wachstumsraten von 3-4 % waren erreicht, die Wissenschaft, vor allem in der Naturwissenschaft, hatte bahnbrechende Erkenntnisse zutage gefördert. Zum Beispiel in der Physik wurden die klassischen Modelle durch die Atomphysik revidierte; aber die Lebensweise der einfachen Bürger wurde wegen ihres Platzes innerhalb der Standespyramide davon wenig beeinflusst.

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