Mode 1901 - Der Chic der Sans-Ventre-Linie

Das Frühjahrsheft von „Das Blatt der Hausfrau“ beantwortete die oft im Fokus stehende Frage „Was ist Chic?“ und schaffte so auf der einen Seite eine konforme Meinung, spaltete somit aber auch die Modewelt in ihrer weitläufigen Meinung: „Große Eleganz und Kostbarkeit des Anzuges gehören überhaupt nicht zum Chic, denn sie haben etwas Schweres, Gediegenes an sich. Unser Chic ist flott, leicht, hängt weniger vom Wertvollen ab als von der Form und Farbe. Chic ist eine Betonung des herrschenden Modecharakters in jedem Teil des Anzuges. Nicht das Kleid allein bestimmt den Chic, sondern mindestens ebensoviel der Hut und die Frisur.“ Besonders die „Linie ohne Bauch“, Sans-Ventre-Linie genannt, galt in diesem Jahr als außerordentlich chic. Somit kamen Korsetts in großer Vielzahl auf und dem Wunsch der Frauen, eine schlanke Silhouette zu haben, wurde man damit auch gerecht. Der Bauch wurde hineingepresst und die weibliche Form an sich wurde betont. Der Busen wirkte voller und die Hüften weiblicher. Auch das Gesäß wurde durch das Tragen eines Korsetts stark betont. Somit entstand die „Linie ohne Bauch“. Wenn die Trägerin von der Seite betrachtet wurde, wirkte ihre Haltung elegant geschwungen. Ein überhängendes Volant unterstützte die Silhouette der Trägerin. Eine separate Bolerojacke verstärkte das Gesamtbild. Unterhalb das Gesäßes trat eine Schleppe hervor. Diese Modelinie reihte sich insgesamt in den dekorativen Jugendstil ein durch Stickereien, Paspelierungen so wie Blumen-, Peitschenschlag- und Wellenornamentik.
Rock und Bluse in verschiedenen Farben oder Stoffen auszuwählen und somit einen starken Kontrast zu schaffen, galt auch im Herbst weiterhin als modern. Schwarz und Weiß wurden gern miteinander kombiniert. Auch Grün mit Blau, Ecru mit Braun und Rot mit Grau galten als apart.
Zur "Linie ohne Bauch" wurden gelockte und anschließend hochgesteckte Haare kombiniert. Ein geschmückter Kamm aus Schildpatt wurde am Abend in die Haare gesteckt, um der Frisur den letzten eleganten Schliff zu verleihen.
Da die sehr engen Korsetts als gesundheitsschädlich galten und auch als unbequem, entstand eine Gegenbewegung zu der „Linie ohne Bauch“ und so wurde das Reformkleid auf den Markt gebracht. Frauenrechtler und Ärzte hatten es sich zur Aufgabe gemacht, zu verhindern, dass Frauen sich extrem einschnürten und möglicherweise Organe beschädigten. Das Reformkleid hing lose von den Schultern und verzichtete auf jegliche Taillierung. Als Unterbekleidung griff man zu Unterhose, Hüftgürtel und Brustleibchen. Zahlreiche Ausstellungen der neuen Modelinie sollten dazu dienen, das Reformkleid zu verbreiten und die Frauen davon zu überzeugen, wie gesundheitsschädlich die bisherige Mode war. Allerdings nahmen nur wenige Frauen das Reformkleid an, denn es galt das Motto „Wer schön sein will, muss leiden“. Die Eitelkeit wurde über die eigene Gesundheit gestellt und somit konnte das Korsett kaum verdrängt werden.(MB)

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