Mode 1906 - Zwei gegensätzliche Moderichtungen

Auch im Modejahr 1906 wurde bei der Dame der Gesellschaft weiterhin die S-Form beibehalten. Besonders auffällig war in jenem Jahr der Gegensatz von zwei unterschiedlichen Moderichtungen, die sich bei den Großbürgerinnen und adeligen Damen etabliert und auf der anderen Seite den intellektuellen Frauenkreisen widmete. Letztere entschieden sich größtenteils für das so genannte Reformkleid. Bei den Damen der Gesellschaft herrschte ohne Ausnahme die Mode des „Sans ventre“ weiterhin vor, was zu Deutsch „ohne Bauch“ bedeutet. Die Richtung hatte sich aus dem gleichnamigen Korsett heraus entwickelt, das den Bauch völlig wegnahm, das Gesäß jedoch nach rückwärts, so
wie die Brust nach vorne rückte. Dies führte zu der so genannten S-Form, welche für ihre Trägerinnen eine unnatürliche Körperhaltung bedeutete. Der Charakter dieser Moderichtung machte sich insbesondere durch einen oft durch Fischbeinstäbe versteiften und hohen Stehkragen sowie durch lange, schmale Ärmel und einen am Boden aufliegenden Saum bemerkbar. Eine große Rolle nahm für die Dame der Gesellschaft auch das Bestreben ein, sich zu jedem Anlass passend anzuziehen. So entschied sich Frau zum Lunch oder vormittags im Allgemeinen eher für das Kostüm.
Der Fünfuhrtee hingegen war schon durch elegante Kleider mit Schleppen textil umrahmt und wurde auf diese Weise auch vorgeschrieben. Das fußfreie Erscheinungsbild am Nachmittag galt als modische Sünde und war streng verpönt. Beliebt waren auch so genannte Prinzessroben, die eng an der Figur verarbeitet waren, einen damenhaften Eindruck machten und keinerlei Taillennaht aufwiesen. Das Dekolleté fand bei Kleidern eine immer häufigere Verbreitung und wurde meist mit kostbarer Spitze unterlegt, die dadurch wiederum einen Stehkragen bildete. Zu den mit dreiviertellangen Ärmeln versehenen Sommerkleider mussten die Arme in erster Linie vollkommen mit langen Handschuhen bedeckt werden.
Der Korso für den späten Nachmittag war genauso wichtig wie der dazu passende Sonnenschirm und der Hut, was das Kleid in der Equipage auch weniger auffallen ließ. In den Restaurants, zum Souper und abends im Theater wurde der Eleganz die Krönung verliehen. So bestanden die Seidenkleider meist aus schwarz-weiß gestreiftem Chiffon, Seidenvoile oder Seide. Die beispielsweise inkrustrierte Spitze bot eine Menge zu sehen. Aber auch die aus kostbaren Mull- und Leinenstickereien so wie aus irischen Spitzen gearbeiteten Spitzenkleider boten einen bewundernswerten Anblick. Einen besonders aufwendigen Stil stellten auch die aus Chinépompadourseide mit Valenciennespitzen versehenen Abendblusen dar.
Ganz dem Empire verbunden war in jenem Jahr der auch bei Mänteln angewandte Modeschnitt, der jedoch keineswegs ohne Korsett auskommen konnte.
Hüte gehörten weiterhin zum wichtigsten Accessoires der Damenmode. Auf sie war man weder im Theater noch beim Essen in Gesellschaft bereit zu verzichten.(MB)

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