Mode 1993 - Gefängniskleidung wurde straßentauglich

Obwohl man den Look der 70er verschmähte, konnte der neue Schlabber-Trend nicht verhindert werden. Baggy Pants oder Saggy Pants hießen die Hosen, die hauptsächlich von männlichen Jugendlichen getragen wurden. Diese weiten, sackartig herabhängenden Teile verleugneten ihre amerikanische Knast-Herkunft nicht und hatten sich schon zu Beginn des 90er Jahrzehnts unauffällig auf den Markt gedrängt. Jetzt bestimmten sie die Straßen- und Alltagsszene massiv.
Die weibliche Jugendmode setzte auf das Comeback der Plateausohlen-Schuhe, auf bauchnabelfreie, gehäkelte Westen und auf kurze Pullover mit überlangen Ärmeln. Blumenmuster und extreme Farben zierten die langen Schlabberkleider einer Neo-Hippie-Szene. Um sich von den 70ern abzugrenzen, ließ man sich Oberarm-Tattoos machen oder trug einen Ring im Bauchnabel. Neo-Gothic und Grunge waren noch modischer. Die Mischung aus Derbheit und Romantik zivilisierte den Reiz des Verwahrlosten, betonte das Rebellische. Man sah es der Kleidung nicht an, doch sie war nicht billig. Die Jugendlichen waren markenbewusste Konsumenten. Wer den Trend ignorierte, galt als Außenseiter.
Auch für die Damen zwischen Zwanzig und Dreißig gab es Mode, die vom Neo-Gothic-Stil inspiriert war. Die schwarzen Netzjacken und Netzpullover wurden mit weißen Hemdblusen kombiniert, deren Manschetten aufgeklappt waren, die ganze Hand verdeckten und cool wirkten. Körperbetont und jugendlich angehaucht waren die Kostümjacken, unter denen man Bustiers oder Spitzenoberteile sah. Für die Rocklängen gab es keine Vorschriften. Auch die altmodische Schichtkleidung in neuer Form fand Akzeptanz. Bei diesem Lagen-Look schaute das längere Kleidungsstück unter dem kürzeren hervor. Man kombinierte, was der Kleiderschrank hergab. Die „etablierte“ Dame besann sich auf unauffällige Eleganz. Luxus sollte nicht auffallen.
Die junge Designer-Generation der Prêt-à-porter, der u.a. Sophie Sitbon, Martin Margiela und Corinne Cobson angehörten, schickte weiter ihre Mode der Trostlosigkeit auf die Laufstege, die dem letzten Mode-Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts zu Unrecht einen freudlosen Anstrich gab.(MB)

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