Mode 1994 - Mode-Spionage war ein unerfreuliches Thema
Das „Layering“, der Lagen-Look, der im Vorjahr seine Schatten voraus geworfen hatte, manifestierte sich und bekam mehr Schick. Weiße Blusen waren der absolute Favorit, nicht nur durch die lässig-offenen Manschetten, sondern auch durch die aufgestellten Kragen. Der dandyhafte Effekt war gewollt und gefiel. Modisch gut gekleidete Frauen traten in schmalen Hosenanzügen oder Kostümen auf, die es in gesetzten Farben und in Nadelstreifenoptik gab. Nicht allein das Business war dieser eleganten Mode vorbehalten. Sie hatte den Schick einer neuen Zeit. Man trug sie zu vielen Gelegenheiten.
In der Freizeit bevorzugte man hautenge Hosen, die schlanke Beine betonten und der Trägerin schmeichelten. Dazu passte eine Barbour-Jacke, denn die Mode legitimierte Derbes mit Romantischem. Widersprüche waren gefragt. Als passend zu einem femininen, geblümten Kleid galten die plumpen Doc-Martens-Arbeitsschuhe. Ohnehin hatte die Streetfashion des Vorjahres noch nicht ausgedient. Arbeitskleidung war ein Renner. Die Youngsters beiderlei Geschlechts schmückten zunehmend Ohren, Nasen und andere Körperteile mit Piercings und Tattoos. Das war der Glamour der Zeit.
Die Cocktailkleider hatten diesen Zauber verloren. Sie waren nur noch kurze Hängekleidchen, der Saum zipfelte oder war bei der hautengen Variante geschlitzt. Wenig glamourös waren auch die Lagerfeld-Kreationen, die als durchsichtige, gerade geschnittene Modelle auf den Laufsteg kamen. Doch seine Micro-Minis fanden großen Zuspruch. War Lagerfelds Micro-Mini noch ein gelungener Wurf, so war der Bustier mit Koran-Schriftzügen, den Claudia Schiffer für ihn präsentierte, eine Gotteslästerung. So sahen es die Muslime und brachten den Designer damit in negative Schlagzeilen.
In der Modebranche tauchten zunehmend Spione auf. Sie brachten auf den Markt, was noch kaum als Original den Catwalk erreicht hatte. So erging es auch Lagerfelds Micro-Mini, der bereits zum Verkaufsschlager bei Bloomingsdale’s geworden war, bevor das Vorführ-Model ihn abgestreift hatte. Schnelldreher – Produkte, die im Vergleich zu den sonstigen Artikeln eines Sortiments eine höhere Umschlagsfähigkeit hatten – machten der Modebranche schwer zu schaffen. Schlimmer konnte man Modemacher nicht verletzten.(MB)
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