Mode 1937 - Die Ruhe vor dem Sturm
Die weltpolitische Situation war bedrohlich geworden. Die nationalsozialistische Regierung in Deutschland versuchte, sich ruhig zu präsentieren. Mit welch grausigem Eingreifen die deutsche „Legion Condor“ in den spanischen Bürgerkrieg eingegriffen hatte und die Stadt Guernica vernichtete, wurde weitestgehend verschwiegen. Als das nicht mehr ging, wurde es geleugnet. Das änderte nichts an innerdeutschen Grausamkeiten, denen zunächst viele Gegner des Regimes und vor allem die Juden zum Opfer fielen. Noch wusste der größte Teil der Bevölkerung nichts von der Eröffnung des Konzentrationslagers Buchenwald, das nahe Weimar errichtet worden war. Noch herrschte Ruhe – die Ruhe vor dem Sturm.
Selbst auf dem Gebiet der Mode war es ruhig geworden. Nichts veränderte sich. Die Stimmung war angespannt, denn die meisten Menschen ahnten vielleicht, dass Grausameres bevorstand, doch wollte man es nicht wahrhaben. Stattdessen begeisterte man sich an der technischen Entwicklung. An dieser Begeisterung änderten auch die Explosion und der dadurch verursachte Absturz der „Hindenburg“ nichts, dem Luftschiff, das sein Ende über dem amerikanischen Lakehurst fand.
Ohne kreative Neuerungen war es auch um die Haute Couture still geworden. Die Damenbekleidung war dieselbe wie im Jahr zuvor, in dem sich gleichfalls nur wenige Veränderungen gezeigt hatten. Die Herrenmode bestand aus dem Althergebrachten und dem, was sich bewährt hatte. Eine gewisse Lässigkeit vortäuschend trugen die Männer in der Freizeit sportliche Kleidung und gaben unbewusst auch durch das Tragen von Knickerbockern ihrer Unbekümmertheit einen äußeren Ausdruck. Die figurbetonte Garderobe der Frauen war nach wie vor einfach. Nur die Damen, die es sich leisten konnten, Mode neu zu erwerben, unterstrichen dies mit Hüten. In der Hutmode war alles möglich. Der breite Tellerhut, der asymmetrisch-verwegene Hut oder ein schmaler Hut, der hoch aufragte – alle diese Modelle waren ausgefallen und fantasievoll. Doch das allgemeine Interesse an modischen Dingen schien zu schwinden.
Trotz besserer Lebensverhältnisse, die die neuen Arbeitsplätze ermöglicht hatten, konnte von allgemeinem Wohlstand in der Bevölkerung keine Rede sein. Eine Neuerung in Sachen Mode, die allerdings nur eine Art Namensgebung war, war die seit diesem Jahr offiziell genutzte Bezeichnung „Büstenhalter“ für das die Brust unterstützende Wäschestück, das inzwischen verstellbare Träger und in Ausnahmefällen schon einen Vorderverschluss hatte. Frau trug auch sogenannte Corselets, die weiche Form des einstigen Korsetts. Die Verkleinerungsform wurde im deutschen Sprachgebrauch zu „Korselett“. Das trägerlose Unterwäsche-Kleidungsstück war durch seine dehnbare Art der Körperformung immer beliebter geworden. Letztendlich war es für die schmale Silhouette der weiblichen Garderobe zu einem unverzichtbaren Bestandteil aufgestiegen. Und die gute Figur, die Frau darin machte, verfehlte auch nicht ihre Wirkung auf die Männerwelt, die an diesem Dessous durchaus Gefallen fand. Doch das waren modischen Effekte, die sich hinter verschlossenen Türen offenbarten. Äußerlich blieb alles beim Alten.
Wer sich einmal etwas anderes gönnen wollte oder konnte, der beteiligte sich an einer Gruppenreise, die von der NS-Organisation „Kraft durch Freude“ durchgeführt wurde. Schließlich war der Urlaub kärglich bemessen und so war das eigene Land ein idealer Ferienort. In die Ferne zu reisen, war unerschwinglich. Objektiv betrachtet, war Deutschland ein großes Land, das zu bereisen sich lohnte. Neue Gebiete zu erobern, war geographisch unnütz. Doch das sah Hitler anders, nur so deutlich sagte er es nicht. Noch war es ja auch ruhig. Zu ruhig.(MB)
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